„Eine detaillierte Budgetierung ist das A und O”
Auf seinem Blog depotstudent.de testet Dominik Wenzelburger Finanzberatungen, analysiert Finanzprodukte und zeigt, wie er selbst sein Geld anlegt. Im Interview mit finanzvergleich.com erklärt er, was junge Menschen beim Vermögensaufbau beachten müssen.
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Kannst Du uns kurz Deinen Werdegang und die Entstehungsgeschichte von depotstudent.de vorstellen? Was hat Dich motiviert, dieses Portal zu gründen?
Dominik Wenzelburger: Von 2015 bis 2018 habe ich Wirtschaftsingenieurwesen studiert und anschließend zwei Jahre als Ingenieur in der Automobilbranche gearbeitet. Das Portal depotstudent.de habe ich während dem Studium gestartet und auch nach Abschluss des Studiums neben meinem Vollzeit-Job ausgebaut. Die Motivation damals kam daher, dass ich mich gerne nebenberuflich in einer Selbstständigkeit ausprobieren wollte. Da ich mich zu der Zeit mit dem Thema „Geldanlage“ für meine privaten Finanzen beschäftigt hatte und den Aufbau von Websites spannend fand, hat sich das gut gefügt. So konnte ich privat dazu lernen und gleichzeitig andere über die Website an meinen Fortschritten und Erkenntnissen teilhaben lassen.
Welche Anlagestrategien würdest Du speziell jungen Menschen und Studenten empfehlen, die gerade erst anfangen, sich mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen?
Als junger Mensch hat man im Normalfall viel Zeit bis zum Ruhestand und kann viele Jahre für den Vermögensaufbau nutzen: Neben risikoarmen Geldanlagen wie Tagesgeld und Festgeld würde ich sehr früh damit beginnen, einen ETF-Sparplan zu starten. Dabei bieten sich besonders breit gestreute ETFs auf den MSCI World oder MSCI ACWI an. Heutzutage kann man bereits mit geringen Beträgen wie 25 Euro oder 10 Euro einen ETF-Sparplan anlegen, sodass man auch als junger Mensch starten kann. Da man viele Jahre Zeit hat, kann man die Schwankungen der globalen Aktienmärkte besser verkraften als jemand kurz vor der Rente. Außerdem lernt man so sehr früh, mit solchen Anlageklassen umzugehen.
Viele Studenten haben ein begrenztes Einkommen und hohe Mietausgaben. Wie können sie dennoch effektiv Vermögen aufbauen?
Auch wenn es sich trivial anhört: Um Vermögen aufzubauen, muss man zunächst einmal höhere Einnahmen als Ausgaben haben. Das wird in der Praxis aber nicht so selbstverständlich umgesetzt. Häufig auch deshalb, weil man seine Einnahmen und Ausgaben nicht schwarz auf weiß vorliegen hat. Es wird viel geschätzt und geraten und das ist ein Fehler: Besser, man schreibt sich seine Geldflüsse genau auf und setzt dann dort an, wo man den größten Hebel hat.
Welche praktischen Sparstrategien würdest Du Studenten empfehlen, um trotz begrenzter finanzieller Mittel regelmäßig Geld zur Seite zu legen?
Der Ratschlag ist zwar nicht besonders sexy: Aber ein schriftliches Haushaltsbuch oder eine Haushaltsbuch-App sind notwendig, damit man seine Finanzen überblicken kann. Da kommen häufig Ausgaben zum Vorschein, welche man so gar nicht auf dem Schirm hatte. Wenn man seine Einnahmen und Ausgaben dann versteht, fällt es einem viel leichter, Geld zur Seite zu legen und zu sparen. Wem das Sparen schwerfällt, kann sich auch zum Sparen zwingen: Zum Beispiel, indem man über einen Dauerauftrag automatisch jeden Monat einen bestimmten Betrag auf ein anderes Konto überweisen lässt. Dort sammelt sich dann Geld, welches man investieren oder anderweitig sinnvoll nutzen kann.
Wann und wie sollten Studenten und junge Menschen mit der Altersvorsorge beginnen? Gibt es spezielle Produkte oder Strategien, die Du empfehlen würdest?
Viele meinen ja, dass man erst dann starten kann (oder soll), wenn man „genug“ Geld zur Verfügung hat: Damit ist zum Beispiel der Berufsstart gemeint, wenn die ersten „richtigen“ Gehälter kommen. Ich sehe das anders: Um Vermögen aufzubauen, muss man zunächst einen gewissen Prozess und eine Lernphase durchlaufen, bis man seine Strategie zur Geldanlage gefunden hat. Wer sich diese Strategien bereits im Studium zurechtlegt, der profitiert direkt ab dem Berufsstart überproportional davon. Wer sich zum Berufsstart erst langsam an das Thema herantastet, benötigt vielleicht noch einige Jahre, bis dann wirklich investiert wird.
Wo siehst Du die größten Sparpotenziale im Alltag von Studenten? Gibt es bestimmte Ausgaben, die man besonders im Auge behalten sollte?
Das hängt natürlich stark vom Einzelfall ab. Ein großer Hebel ist aber sicherlich die Miete – wer also vielleicht auch pendeln kann statt sich eine Wohnung suchen zu müssen, hat hier starke Einsparpotenziale. Natürlich sollte man den Spaß nicht verlieren, nur um eine maximale Sparrate zu erzielen. Aber wer sich ein paar Gedanken macht, kann sich finanziell sicherlich besser aufstellen, als wenn man die finanziellen Entscheidungen „auf gut Glück“ angeht. Auch tägliche Ausgaben für die Verpflegung oder das Feiern am Wochenende kann bei Studenten schnell ins Geld gehen.
Wie wichtig ist eine detaillierte Budgetierung für Studenten und welche Tools oder Methoden würdest Du dafür empfehlen?
Eine detaillierte Budgetierung ist das A und O, besonders wenn man kein hohes Einkommen hat: Ein klassisches Haushaltsbuch oder eine App können hier Wunder wirken. Ich würde gerne meinen Artikel „kostenlose Testsieger bei Haushaltsbuch-Apps“ empfehlen: Da sind einige nützliche Tools dabei, welche beim Thema Budgetierung helfen und mit welchen man seine Finanzen in den Griff bekommt. Ein Haushaltsbuch muss man nicht für den Rest seines Lebens führen. Aber einige Wochen oder wenige Monate sollten es schon sein, damit man wirklich etwas bewegen kann.
Was hältst Du von Investitionen in ETFs und Aktien für junge Menschen? Welche Tipps hast Du für Einsteiger, um die Risiken zu minimieren?
Aktien und Aktien-ETFs gehören zu den wenigen Anlageklassen, mit welchen sich nach Abzug der Inflation überhaupt langfristig Rendite erwirtschaften lässt. Tagesgelder und Festgelder sind sicherlich nicht unattraktiv, aber man muss so ehrlich sein, dass diese Anlageklassen über lange Zeiträume meist nur Zinssätze unterhalb der Inflationsrate leisten. Das ist für effektiven Vermögensaufbau natürlich zu wenig, da maximal Kapitalerhalt nach Abzug der Inflation erreicht wird. Wer als Privatanleger in ETFs investiert, sollte sich an breitgestreute ETFs auf der ganzen Welt halten und keine Nischen-ETFs nutzen. Das minimiert die Risiken erheblich.
Wie können sich junge Menschen am besten über Finanzthemen informieren und weiterbilden? Welche Ressourcen und Plattformen empfiehlst Du?
Finanzblogs und Verbraucherportale sind zu Finanzthemen häufig gute Quellen: mal direkt aus der Praxis, mal mit etwas theoretischem Hintergrund. Auch auf Social Media gibt es sicherlich ganz gute Quellen, jedoch ist immer etwas Vorsicht und eine gewisse Skepsis notwendig. Wer tiefer in die Themen einsteigen möchte, sollte sich aber auch einmal Bücher von Autoren wie Warren Buffet oder André Kostolany zu Gemüte führen – da bekommt man noch einmal einen ganz anderen Bezug zu vielen Themen.
Welche häufigen Fehler siehst Du bei jungen Anlegern und wie können diese vermieden werden?
Ein besonders häufiger Fehler ist das Investieren in „Branchen-ETFs“ oder „Themen-ETFs“. Wenn ich davon spreche, in ETFs zu investieren, dann meine ich die weltweit gestreute Investition in Branchen und Länder der ganzen Welt. Viele junge Anleger möchten jedoch auf spannende Branchen setzen wie beispielsweise Wasserstoff, Blockchain oder Grüne Energien. Wer so investiert, spekuliert auf einzelne Bereiche – mit ausgewogenem und langfristigem Investieren haben solche Strategien aus meiner Sicht jedoch nur wenig zu tun.
Vielen Dank für das Gespräch.