„Investiere antizyklisch in Korrekturen – das bringt langfristig die besten Chancen“
Thomas Pusch, Gründer vom Blog Aktiengedanken.de, teilt im Interview mit finanzvergleich.com seine Erfahrungen und Strategien für erfolgreiches Investieren. Er erklärt, warum antizyklische Investments in Marktkorrekturen besonders attraktiv sind.
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Was hat Dich inspiriert, Deine Börsenanalysen und Gedanken auf Deinem Blog „Aktiengedanken“ öffentlich zu teilen?
Mein Blog „Aktiengedanken“ habe ich während der Coronapandemie ins Leben gerufen. Zu dieser Zeit gab es nur wenige Aktienanalysen, die Chancen und Risiken von Unternehmen gleichermaßen berücksichtigten. Der Blog war für mich ein Weg, meine Überlegungen zu Aktien und Märkten schriftlich festzuhalten und so auch meine eigenen Entscheidungen besser rückverfolgen zu können. Zudem hat es meine Disziplin in der Analyse und im Investieren deutlich gesteigert.
Wie gehst Du an Deine Aktienanalysen heran? Welche Schritte durchläufst Du, um ein Unternehmen gründlich zu analysieren, und welche Datenquellen und Tools nutzt Du für diese Analysen?
Meine Analysen beginnen stets mit einer intensiven Betrachtung des Geschäftsmodells des Unternehmens. Es ist mir wichtig, dass das Geschäftsmodell nicht nur verständlich ist, sondern auch ein klares Wachstumspotenzial bietet. Danach besuche ich die Investor-Relations-Seite des Unternehmens, um Einblicke in die aktuelle Entwicklung und den Ausblick des Managements zu gewinnen. Für die fundamentale Bewertung nutze ich Plattformen wie aktienfinder.net, während ich für die technische Analyse auf Tools wie tradingview.com zurückgreife.
Wie beeinflussen Deine Analysen letztlich Deine Investitionsentscheidungen? Welche Faktoren sind für Dich ausschlaggebend, um in ein Unternehmen zu investieren oder Dich von einer Aktie zu trennen?
Wenn meine Analyse zeigt, dass ein Unternehmen ein attraktives Investment darstellt und in mein Portfolio sowie zu meiner Strategie passt, greife ich zu. Ein wichtiger Faktor ist dabei ein geeigneter Einstiegszeitpunkt. Von einer Aktie trenne ich mich, wenn der langfristige Monatstrend gebrochen wird oder wenn das Wachstum bzw. das Geschäftsmodell nicht mehr meinen Erwartungen entsprechen.
Wie steuerst Du Deine langfristigen Anlagestrategien? Welche Rolle spielen Diversifikation und Risikomanagement in Deinem Portfolio, und wie passt Du Deine Strategie an Marktveränderungen an?
Diversifikation ist ein zentraler Bestandteil meines Portfolios. Ich achte darauf, über verschiedene Branchen, Regionen und Währungen hinweg zu streuen, um das Risiko zu minimieren. Mein Portfolio ist hauptsächlich langfristig ausgerichtet, sodass ich selten größere Anpassungen vornehme. Trotzdem reagiere ich punktuell auf Marktveränderungen, wie beispielsweise bei steigenden Zinsen. Dort könnte es beispielsweise Sinn ergeben sich von hoch verschuldeten Unternehmen zu trennen.
Dividenden und Sparpläne sind ein wiederkehrendes Thema in Deinen Blogbeiträgen. Welche Bedeutung haben diese für Dich? Setzt Du Dividenden und Sparpläne eher als passives Einkommen oder als Instrumente zum langfristigen Vermögensaufbau ein?
Langfristig sollen meine Investitionen zur Altersvorsorge oder möglicherweise für eine Altersteilzeit dienen. Momentan fokussiere ich mich eher auf Aktien mit hohem Dividendenwachstum, da für mich das Wachstum im Vordergrund steht. Die Dividendenrendite ist aktuell eher sekundär, da sie bei Unternehmen mit starkem Wachstum oft niedriger ausfällt. Sparpläne habe ich früher intensiver genutzt, um Positionen in relativ teuren Aktien schrittweise aufzubauen. Heute setze ich verstärkt auf Käufe in Marktkorrekturen, wenn eine Aktie attraktiv bewertet ist.
Du sprichst auch über konservative Investitionen wie Anleihen. Welche Anleihearten bevorzugst Du, und wie entscheidest Du, wann es der richtige Zeitpunkt ist, in Anleihen zu investieren?
In der Regel investiere ich hauptsächlich in Aktien, aber nach dem starken Zinsanstieg habe ich auch in Anleihen investiert. Diese Möglichkeit gab es in den letzten 15 Jahren kaum. Mit Anleihen sichere ich mir aktuell hohe Zinsen. Sollte das Zinsniveau wieder sinken und der Kurswert der Anleihen steigen, könnte ich mir vorstellen diese auch vor Laufzeitende zu verkaufen. Dabei bevorzuge ich Staatsanleihen und ETFs auf Unternehmensanleihen mit begrenzter Laufzeit, wie die iBonds.
Marktanalyse ist ein wichtiges Thema auf Deinem Blog. Welche Tools und Methoden verwendest Du, um den Markt und potenzielle Investitionen zu analysieren?
Ein umfassender Blick auf den Gesamtmarkt ist für mich entscheidend. Dazu analysiere ich regelmäßig die wichtigsten Indizes und greife dabei hauptsächlich auf technische Analysen zurück. Zusätzlich habe ich ein Auge auf die Zinsentwicklung und weiterer relevanter Wirtschaftskennzahlen. Ich versuche stets vorbereitet zu sein, wenn sich Einstiegsmöglichkeiten bei attraktiven Aktien bieten. Manchmal ist eine Menge Geduld notwendig und nicht immer gelingt der Einstieg in eine Aktie.
Glaubst Du, dass es entscheidend ist, den richtigen Zeitpunkt für Ein- und Ausstiege zu finden, oder verlässt Du Dich mehr auf die langfristige Performance?
Früher habe ich dem Einstiegszeitpunkt weniger Bedeutung beigemessen, weshalb ich viele Sparpläne genutzt habe. Mittlerweile glaube ich, dass es bei Einzelaktien sinnvoller ist, auf einen geeigneten Einstiegszeitpunkt zu warten. Das kann langfristig zu höheren Renditen führen. Für mein Basisinvestment in breitgestreute ETFs setze ich jedoch weiterhin auf regelmäßige Sparpläne.
Was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten ersten Schritte, um ein solides und langfristig erfolgreiches Portfolio aufzubauen?
Zunächst ist es wichtig, nur Geld in Aktien zu investieren, das man langfristig nicht benötigt. Man sollte sich zudem fragen, ob man sich intensiv mit Börse, Aktien und Finanzen auseinandersetzen möchte. Wenn die Antwort „nein“ ist, würde ich empfehlen, einfach in einen oder zwei breitgestreute ETFs (z.B. MSCI World) zu investieren und diese über einen Sparplan laufen zu lassen, ohne sich ständig damit zu beschäftigen. Wenn man sich hingegen mit der Materie auseinandersetzen möchte, sollte man ebenfalls zunächst mit einem ETF-Investment starten und sich das nötige Wissen aneignen. Mit wachsender Erfahrung kann man dann beginnen, eine Strategie zu entwickeln und in Einzelaktien zu investieren.
Welche Deiner Anlagestrategien hat sich im Laufe der Jahre am meisten bewährt?
Eine Aktie sollte sowohl aus fundamentaler als auch aus technischer Sicht kaufenswert sein, und es ist ratsam, möglichst in langfristige Aufwärtstrends zu investieren. Dabei ist es oft besser, antizyklisch in Korrekturen zu investieren. Der Techsektor läuft beispielsweise seit Jahren extrem gut und trotzdem hat man die Chance gehabt im Coronacrash 2020 oder in der Korrektur 2022 günstig einzusteigen. Dies gilt natürlich auch für andere Sektoren. Außerdem habe ich die Erfahrung gesammelt, nicht auf stark gefallene Aktien zu setzen, die einen Turnaround schaffen sollen. Ein gutes Beispiel: Bayer wird seit Jahren als Turnaround-Kandidat gehandelt, doch es bewegt sich immer weiter nach unten.
Danke für das Gespräch!