Interview mit Lisa Osada von Aktiengram

„Transparenz schafft Vertrauen – besonders in einer Welt voller unseriöser Angebote.“

Interview mit Lisa Osada von Aktiengram

Lisa Osada gründete die Plattform Aktiengram, um ihre Begeisterung für Finanzen und den Vermögensaufbau mit einer breiten Community zu teilen. Mit ehrlicher Transparenz motiviert sie andere, den Weg in die Finanzwelt zu wagen.

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Was war Deine Motivation, den Blog Aktiengram zu starten und Deine Erfahrungen im Bereich Vermögensaufbau zu teilen? 

Ursprünglich habe ich den Austausch mit Gleichgesinnten gesucht, den ich in meinem privaten Umfeld nicht hatte. Es war mir wichtig, meinen eigenen Weg zu teilen und andere zu motivieren, sich mit dem Thema Finanzen auseinanderzusetzen. Meine Begeisterung für das Thema und der Dialog mit meiner Community sind bis heute meine Hauptmotivation geblieben.

Ich habe schon immer gerne geschrieben und fand es spannend, diese Leidenschaft mit der Welt der Börse zu verbinden. So ist eine stetig wachsende Plattform entstanden, die das gemeinsame Interesse an Vermögensaufbau und Altersvorsorge teilt und in der ich aktiv dazu beitragen kann, dass noch mehr Menschen den Mut finden, den Schritt in die Finanzwelt zu wagen.

Mittlerweile gibt es neben Social Media und Website auch den Aktiengram-Podcast und mein Buch Aktien-Life-Balance. Ich hätte nie gedacht, dass sich aus der spontanen Idee mit Aktiengram so viel entwickeln würde. Deshalb freue ich mich auf alles, was noch kommt!

Dividenden sind ein zentraler Bestandteil Deiner Strategie. Wie wählst Du die Unternehmen aus, in die Du investierst, und welche Rolle spielen Dividenden bei Deiner langfristigen Finanzplanung?

Genau, Dividenden sind auf jeden Fall ein zentrales Element meiner Strategie, aber noch wichtiger ist die Langfristigkeit.

Bei der Auswahl der Unternehmen lege ich daher besonderen Wert darauf, in Geschäftsmodelle zu investieren, von denen ich annehme, dass sie auch in einigen Jahrzehnten noch Bestand haben und ihre Ausschüttungen über die Jahre steigern können. Auch ein Unternehmen, das heute beispielsweise nur eine Dividendenrendite von 0,4 % aufweist, kann sich bei entsprechendem Dividendenwachstum und genügend Zeit zu einem absoluten Dividendenschwergewicht entwickeln.

Auf Deinem Blog bist Du sehr transparent, insbesondere was Deine Dividenden-Einnahmen angeht. Warum ist Dir diese Transparenz so wichtig und welche Reaktionen bekommst Du von Deiner Community darauf?

Transparenz schafft Vertrauen. Gerade online gibt es viele unseriöse Angebote, bei denen mit dem Versprechen des “schnellen Reichtums” viel Unsinn verbreitet wird. Ich denke, dass man durch meine Transparenz schon recht gut nachvollziehen kann, wie sich mein Depot und meine Dividenden über die Jahre entwickelt haben.

Die Reaktionen, die ich auf meine Dividendenzahlungen erhalte, könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein. Für sehr viele (mich eingeschlossen) sind sie eine große Motivation, weiter zu investieren und ebenfalls ein Depot aufzubauen. Andere wiederum haben das Konzept des langfristigen Vermögensaufbaus teilweise noch nicht so verinnerlicht und machen sich teilweise darüber lustig, wenn einzelne Positionen nur 2 Euro Dividende ausgeschüttet haben. Letztlich zählt aber jeder Euro bei der Wiederanlage, um den Zinseszinseffekt in Gang zu bringen.

Ein spannendes Thema auf Deinem Blog sind Sachdividenden. Welche Erfahrungen hast Du bisher damit gemacht und was fasziniert Dich an dieser Art von „Dividenden“?

Was ich an Sachdividenden besonders spannend finde, ist die Tatsache, dass ein Unternehmen dadurch im wahrsten Sinne des Wortes greifbar wird. Es wird einem noch stärker bewusst, dass hinter der Aktie echte Menschen mit echten Produkten und Dienstleistungen stehen. Oft kann man sich bei einer Sachdividende selbst von den Produkten des Unternehmens überzeugen.

Welche Kriterien sollten Anleger beachten, wenn sie sich für Aktien mit Sachdividenden entscheiden, und wie wichtig ist dabei die Gesamtbewertung des Unternehmens?

Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Wenn der Kapitaleinsatz für den Erhalt der Sachdividende relativ überschaubar ist, geht man zumindest kein extremes Risiko ein.

Bei Calida, einem Schweizer Hersteller von Nacht- und Unterwäsche, ist beispielsweise für den Erhalt der Sachdividende derzeit ein Kapitaleinsatz von ca. 550 Euro für 20 Aktien erforderlich. Nach knapp 6 Jahren Sachdividende, die derzeit aus einem 100 Euro-Gutschein für den Calida-Shop besteht, hätte man also sein Investment „zurück“ – unabhängig von der Kursentwicklung und der regulären Dividende.

Bei einer Aktie wie Lindt & Sprüngli, bei der man derzeit knapp 108.000 Euro für eine Aktie inklusive Erhalt des berühmten Schokoladenkoffers bezahlt, sieht das schon anders aus. Grundsätzlich bin ich immer dafür, sich intensiv mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen und die Sachdividende als netten Bonus zu sehen. Ich würde ein Investment daher nie ausschließlich von der Sachdividende abhängig machen, sondern das Unternehmen muss im besten Fall auch den sonstigen Investmentkriterien standhalten.

Du hast einen starken Bildungsansatz in Deinem Blog. Was sind die häufigsten Fragen oder Missverständnisse, die Du bei Deinen Lesern beobachtest, und wie hilfst Du ihnen, ihre finanziellen Fähigkeiten zu verbessern?

Ich kann gar nicht sagen, welche Missverständnisse oder Fragen am häufigsten auftauchen. Wahrscheinlich sind es sogar Anfragen nach individueller Beratung oder konkreten Aktientipps, die ich nicht geben kann und darf. Viel Zeit investiere ich in den direkten Austausch mit meiner Community und beantworte viele Fragen entweder im Kommentarbereich oder per Direktnachricht.

Du bist auch auf Social Media, insbesondere Instagram, sehr aktiv. Wie unterscheidet sich die Vermittlung von Finanzbildung auf diesen Plattformen im Vergleich zu Deinem Blog, und welche Vorteile bieten sie für die Reichweite?

Meine Reichweite auf Instagram ist auf jeden Fall deutlich größer als über meinen Blog, den Podcast und mein Buch. Trotzdem bin ich gerne mit verschiedenen Medien aktiv, da Instagram aufgrund des Formats nur sehr kurze und oft oberflächliche Betrachtungen zulässt. Man hat in der Regel nur einen sehr kurzen Moment die Aufmerksamkeit des Betrachters und muss in diesen wenigen Sekunden einen Mehrwert bieten.

Im Blog, Podcast oder Buch ist das anders – hier bleiben die Leser und Hörer viel länger bei einem Beitrag und man kann auch komplexere Inhalte ansprechen und erklären, ohne dass die Leute gleich abspringen.

Welche Rolle spielt Instagram in Deiner Strategie, finanzielle Bildung zu vermitteln? Nutzt Du bestimmte Formate oder Tools, um komplexe Themen dort verständlich zu machen?

Instagram spielt noch immer eine der größten Rolle bei der Vermittlung von Finanzbildung, auch wenn ich hier nicht so in die Tiefe gehen kann. Ich denke, dass Instagram und andere Social Media Plattformen heutzutage für viele Menschen der erste Kontakt mit diesem Thema sind.

Auf meinem Kanal nutze ich bisher am häufigsten das klassische Beitrags-Format mit mehreren Slides bei größeren Themen. Außerdem wird man als Anfänger durch die komprimierte Darstellung nicht direkt abgeschreckt oder erschlagen von einem Thema – es hat also auch etwas Gutes, nicht so sehr in Einzelheiten einsteigen zu können.

Wie wichtig ist der Austausch mit Deiner Community für Dich, und wie hat Social Media Dir dabei geholfen, eine engere Verbindung zu Deinen Lesern aufzubauen?

Wie bereits angesprochen, ist mir der direkte Austausch sehr wichtig und einer der Gründe, warum ich Aktiengram im Januar 2020 aufgebaut habe.

Auch heute noch investiere ich viel Zeit in den direkten Austausch bei Instagram und seit 2022 organisiere ich zusammen mit Jonathan Neuscheler von Abilitato Privatanleger vor Ort Events, bei denen unsere Leser zum einen direkt mit börsennotierten Unternehmen ins Gespräch kommen, aber natürlich auch untereinander und persönlich in Kontakt treten können. Auch hier geht es darum, Geschäftsmodelle zu verstehen und zu erfahren, wie ein Unternehmen überhaupt sein Geld verdient und gleichzeitig sich mit anderen Privatanlegern auszutauschen und voneinander zu lernen. Die digitale Welt ist die eine Seite der Medaille, der persönliche Austausch die andere.

Was würdest Du jemandem raten, der gerade erst mit dem Vermögensaufbau beginnt? Welche Schritte sind Deiner Meinung nach am wichtigsten für den langfristigen Erfolg?

Der wichtigste Schritt ist der Aufbau von Wissen. Nur wer versteht, warum es sinnvoll ist, langfristig und breit gestreut zu investieren, kann das über Jahre durchhalten.

Konkret würde ich immer mit einem oder zwei ETFs und kleinen Beträgen anfangen, das erste Geld anzulegen. Die Börse ist so komplex, dass man sowieso nie alles wissen wird und sicher auch einige Fehler auf seinem Weg machen wird. Die Erfahrung zeigt, dass man sich intensiver mit der Materie auseinandersetzt und lernt, welche Strategie am besten zu einem passt, wenn man schon etwas „Skin in the Game“ hat – also das eigene erste Geld in Aktien investiert hat.

Danke für das Gespräch!