„Wer sein Geschäftsmodell regelmäßig hinterfragt und flexibel bleibt, kann auch in schwierigen Zeiten erfolgreich agieren“

„Wer sein Geschäftsmodell regelmäßig hinterfragt und flexibel bleibt, kann auch in schwierigen Zeiten erfolgreich agieren“

„Wer sein Geschäftsmodell regelmäßig hinterfragt und flexibel bleibt, kann auch in schwierigen Zeiten erfolgreich agieren“

Daniel Ishikawa erklärt, warum Flexibilität und kontinuierliche Anpassung der Schlüssel zum Erfolg sind. Er teilt spannende Einblicke, wie er sein Unternehmen durch Veränderungen navigiert hat.

Zuletzt aktualisiert:

Wie stark hat die COVID-19-Krise Sie und Ihr Unternehmen getroffen?

Glücklicherweise sind wir nicht so stark betroffen wie beispielsweise die Gastronomie oder Hotellerie. Wir hatten jedoch auch Kunden aus der Hotellerie, die bei uns gemietet haben. Dadurch konnten wir hautnah miterleben, wie stark manche Branchen betroffen sind, während wir selbst relativ verschont blieben.

Viele Anfragen, die im März kurz vor der Auslieferung standen, wurden plötzlich storniert, und wir mussten uns fragen, wie wir mit der neuen Realität umgehen. Als die Krise kam, haben wir daher relativ schnell umgeschwenkt und begonnen, Möbel zur Verwendung im Home Office zu vermieten. Wir haben bei einigen Kunden nachgefragt, ob diesbezüglich Bedarf besteht, und das Angebot wurde gut angenommen.

Sie haben auf die Krise also ein Stück weit mit Improvisation reagiert?

Richtig. Wir haben bemerkt, dass die Krise bei unseren Kunden ein Umdenken ausgelöst hat. Viele waren plötzlich in den Büros gar nicht mehr zu erreichen und arbeiteten von zu Hause. Kunden teilten uns mit, dass sie kein Interesse mehr an Büromöbeln hatten – obwohl wir Anfang des Jahres noch viele Anfragen erhielten. Einige fragten, ob wir vielleicht auch Home-Office-Möbel zur Verfügung stellen könnten. Die Idee kam also ursprünglich gar nicht von uns, sondern von unseren Kunden, die auf die neue Situation reagierten.

Außerdem hat sich die Büroausstattung verändert. Wir mussten die Anforderungen gemeinsam mit unseren Kunden neu durchdenken. So stellte sich beispielsweise zum ersten Mal die Frage, ob Tische wie geplant aufgestellt werden können, ohne die Abstandsregeln zu verletzen. Auch Trennwände wurden plötzlich relevant – das gab es zuvor in dieser Form nicht. Die Veränderungen betrafen nicht nur die Arbeitsplätze, sondern auch die Gemeinschaftsräume. Wir haben daraufhin Möbel angeboten, die flexibler waren, zum Beispiel Sofas, deren Teile sich leicht auseinanderstellen lassen.

Arbeiten wir von jetzt an immer im Home Office?

Die Arbeitswelt hat sich durch die Pandemie dramatisch verändert. Viele sitzen nun dauerhaft im Home Office – auch bei uns, und es funktioniert. Hätte es Corona nicht gegeben, wären Home-Office-Lösungen sicher nicht so schnell umgesetzt worden.

Dennoch bin ich überzeugt, dass Büros auch nach der Pandemie ihre Daseinsberechtigung behalten. Allerdings wird es hybride Modelle geben. Ein Kunde von uns etwa gestaltet seinen Konferenzraum so um, dass sich Mitarbeiter im Home Office problemlos dazuschalten können, während andere vor Ort anwesend sind.

Sehen Sie langfristige Veränderungen durch die Krise – für Ihr Unternehmen und die Gründerszene?

Definitiv. Themen wie Nachhaltigkeit haben für viele Kunden an Bedeutung gewonnen. Unser Geschäftsmodell ermöglicht es, Möbel zu mieten, anstatt neue zu kaufen und nach wenigen Jahren wieder zu ersetzen. So konnten wir im August die Berliner Firma Lyght Living übernehmen, die sich auf Möbelvermietung für Millennials spezialisiert hat.

Wir möchten diese Zielgruppe weiter erschließen, da Nachhaltigkeit für sie besonders wichtig ist. Auch für die Gründerszene sehe ich große Chancen, da nachhaltige Geschäftsmodelle zukünftig eine größere Rolle spielen werden.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen und wie messen Sie sie?

Nachhaltigkeit zeigt sich bei uns sowohl im Geschäftsmodell als auch im Produkt. Wir messen beispielsweise, wie oft unsere Möbel vermietet werden, in welchem Zustand sie zurückkommen und wie häufig sie erneut vermietet werden können. Diese Werte variieren je nach Möbelstück und helfen uns, gezielt langlebige Produkte anzubieten.

Denn ohne Langlebigkeit wäre unser Geschäftsmodell nicht wirtschaftlich tragbar.

Wo liegt die Nachhaltigkeit in Ihrem allgemeinen Geschäftsmodell?

In Bezug auf das Geschäftsmodell an sich ist Nachhaltigkeit ein ebenso großes Thema. Gerade in der Start-up-Szene gibt es viele Unternehmen, deren Wachstum gar nicht nachhaltig ist. Zum Beispiel: so viele Kunden wie möglich in kurzer Zeit zu gewinnen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie profitabel man am Ende ist. Das geht so lange gut, wie Investoren das mitmachen, aber gerade in der Krise sehen wir, dass viele Firmen gar nicht so gut laufen, wenn Investoren abspringen. Daher brauchen wir ein Geschäftsmodell, das auch in diesem Sinne nachhaltig ist.

Welchen einen Ratschlag würden Sie einem Gründer geben, der in diesem Jahr sein Start-up ins Leben rufen möchte?

Wenn ich selbst zurückschaue und mir überlege, welchen Ratschlag ich gerne gehabt hätte, würde ich sagen: „Tu es einfach und mach dir nicht zu viele Sorgen.“

Was hat Sie persönlich motiviert, Unternehmer zu werden?

Ich war vorher in der Finanzbranche tätig, bei einer Bank, um genau zu sein, später bei einer Versicherung. Ich habe dann festgestellt, dass ich als Banker oder Versicherungskaufmann keinen Erfolg haben werde – das war einfach nichts für mich. Ich fühlte mich in größeren Organisationen nicht wohl und wollte keinen Chef über mir haben. Rückblickend muss ich sagen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.

Ich will niemandem Rechenschaft schuldig sein und meine eigenen Entscheidungen treffen können. Auf der anderen Seite gehört dann auch dazu, mit den eigenen Fehlentscheidungen leben zu müssen.

Was war die wichtigste Fehlentscheidung in Ihrer Karriere als Unternehmer?

Als ich anfing, mich in der Möbelvermietungsbranche zu bewegen, hatte ich die Idee, Möbel aus China zu bestellen – es war billig und schließlich machte es jeder so. Also reiste ich nach China, um dort Möbel einzukaufen.

Nach drei Monaten rief die Spedition an, dass die Möbel angekommen seien und bei mir abgeliefert würden. Zur Zwischenlagerung hatte ich zwei größere Räume, die mir meine Eltern zur Verfügung stellten. Als dann der Lieferwagen ankam, der Schock: Die Lkw-Lieferung war so groß, dass die Straße nicht genug Platz zum Entladen bot. Ich musste innerhalb einer Stunde einen neuen Abstellplatz finden, da jede Stunde, die der Lkw-Fahrer warten musste, mich 200 Euro kostete – was damals viel für mich war.

Ich fand dann in der Nähe eines Flughafens ein Lager, in das ich die Möbel für sehr viel Geld zwischenlagern konnte. Am nächsten Tag brachte ich sie mithilfe von Freunden an den ursprünglich vorgesehenen Ort.

Das war eine wichtige Lektion, aus der ich gelernt habe, dass man Möbelbestellungen sorgfältig planen muss.

Zusammen mit Ihrem Verhalten während der Covid-19-Krise suggeriert diese Geschichte, dass Improvisation ein wichtiger Begleiter in Ihrem Unternehmensalltag ist.

Improvisation ist das A und O eines jeden Start-ups. Unser Geschäftsmodell erfordert regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen an die Situation und den Bedarf – das ist nichts Schlimmes. Corona hat uns gezeigt, dass Improvisation im Sinne von Flexibilität unabdingbar ist. Man muss Geschäftsmodelle immer wieder neu überdenken und hinterfragen, um erfolgreich zu bleiben. Ich glaube, dass gerade Firmen, die mit uns zusammenarbeiten, uns aus diesen Gründen wählen – weil wir so flexibel reagieren und diese Flexibilität auch gegenüber unseren Kunden demonstrieren.

Macht es in Ihren Augen dann überhaupt Sinn, eine Art Notfallplan für unvorhergesehene Situationen wie die aktuelle Krise zu haben?

Ich glaube, dass die aktuelle Krise bewiesen hat, dass man nur bis zu einem gewissen Punkt planen kann. Sofern man 2019 kein Wahrsager war, haben die meisten Notfallpläne aus dem Vorjahr wohl kaum Anwendung gefunden. Allerdings bin ich ein großer Freund von Planung und auch von krisenfesten Geschäftsmodellen – wir haben immer eine Strategie verfolgt, die auch in schlechten Jahren funktioniert, sodass wir nicht komplett aus dem Ruder laufen.

Das ist auch ein wichtiger Ratschlag für Gründer: nicht so zu planen, dass alles gut läuft, wenn alles perfekt ist, sondern so, dass man trotzdem genügend Finanzierer und Kunden hat, wenn es der Wirtschaft schlecht geht. Insofern sind wir mit unserem Modell relativ gut aufgestellt, da wir weder von einzelnen Kunden noch von einzelnen Industrien abhängig sind. Wir sind gut diversifiziert und verfolgen ein nachhaltiges Geschäftsmodell.

Welche Rolle spielt der zeitliche Horizont für einen Businessplan, wenn man das rasend schnelle Veränderungstempo der Digitalisierung bedenkt?

Ein Geschäftsmodell muss so flexibel sein, dass es sich schnell an Marktveränderungen anpassen kann. Seit unserer Gründung vermieten wir Möbel – doch weder sind es heute dieselben Möbel noch dieselben Kunden wie damals. Unser wichtigstes Kriterium bleibt stets: „Wie werden unsere Produkte und Dienstleistungen angenommen?“

Immer wieder stellen wir fest, dass einige Produkte, von denen wir überzeugt waren, auf dem Markt nicht ankommen. Daher ist es essenziell, sich kontinuierlich an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren. Es ist leicht, sich in die eigenen Ideen zu verlieben, aber viele Modelle, die vor zehn Jahren noch erfolgreich waren, sind heute längst überholt. Wir müssen uns regelmäßig fragen: „Was hat sich verändert? Wie gehen wir damit um? Und welche neuen Trends gibt es, etwa im Möbelgeschmack?“

Sie haben angesprochen, dass man dazu neigt, sich in die eigenen Ideen zu verlieben. Was kann ein Unternehmer tun, um diese betriebsinterne Blindheit abzulegen?

Das ist tatsächlich eine große Herausforderung. In meiner früheren Karriere habe ich erlebt, wie ganze Abteilungen Produkte entwickelten, die den Markt komplett verfehlten. Große Konzerne können sich solche Fehlschläge leisten, weil sie von der Masse ihrer Produkte und Dienstleistungen aufgefangen werden.

Kleinere Unternehmen haben diesen Luxus nicht. Hier fallen Fehlentscheidungen sofort ins Gewicht, da sie direkt die Umsätze beeinflussen. Der Vorteil von kleinen Unternehmen liegt jedoch in ihrer Flexibilität. Sie können schneller reagieren und sich besser an veränderte Marktbedingungen anpassen.

Sie haben 2011 gegründet, mussten sich also relativ früh mit der Digitalisierung auseinandersetzen. Was sind in Ihren Augen die wichtigsten Veränderungen für die Gründerszene, die die Digitalisierung in diesem Jahrzehnt mit sich gebracht hat?

Als wir anfingen, war es ein großer Vorteil, überhaupt eine Website zu haben, auf der unsere Produkte präsentiert wurden. Das klingt heute selbstverständlich, aber damals waren viele Kunden überrascht, dass sie unsere Möbel online sehen konnten.

Seitdem hat sich viel verändert. Eine Website mit Produktkatalog und direkter Bestellmöglichkeit ist mittlerweile Standard. Trotzdem überprüfen wir kontinuierlich, ob wir noch am Puls der Zeit sind. Deshalb haben wir beispielsweise mit Lyght Living eine jüngere Marke übernommen, um unser Unternehmen weiterzuentwickeln.

Auch unsere Website wird künftig zusätzliche Funktionen bieten: Kunden sollen Bestellungen noch einfacher aufgeben, bestehende Verträge online anpassen oder während der Mietlaufzeit Möbel austauschen können. Bisher haben wir solche Anfragen individuell bearbeitet, doch die Digitalisierung bietet uns enorme Möglichkeiten, diese Prozesse effizienter zu gestalten.

Unter welchen Bedingungen würden Sie Ihr Unternehmen nicht mehr als Start-up bezeichnen?

Ich hoffe, dass wir uns auch in 30 Jahren noch als Start-up sehen können – nicht nur ich, sondern auch meine Mitarbeiter. Sobald man aufhört, sich selbst zu hinterfragen oder flexibel auf Kundenwünsche einzugehen, riskiert man, den Anschluss zu verlieren. Die Möbelvermietungsbranche ist wettbewerbsintensiv, und gerade deshalb ist es essenziell, den Start-up-Geist zu bewahren.

Es spielt keine Rolle, welches Jahr im Gründungsvertrag steht. Heute sind wir ein völlig anderes Unternehmen als damals.

Start-ups kommen auch nicht ohne Bürokratie aus. Hand aufs Herz: Wie sehr kann Bürokratie den Enthusiasmus am Gründen bremsen?

Bürokratie ist definitiv ein Thema – vor allem am Anfang. Man hat viele Formalitäten zu erledigen, obwohl man eigentlich nur mit seinem Geschäft durchstarten möchte. Das kann frustrierend sein.

Andererseits sehe ich die Bürokratie als eine Art Belastungstest. Wer sich davon abschrecken lässt, hätte vermutlich auch andere Hürden nicht gemeistert. Für mich ist Bürokratie eine kleine Herausforderung im Vergleich dazu, sich am Markt zu behaupten.

Was war die größte Hürde für Ihr Unternehmen?

Die Möbelvermietung selbst. Viele potenzielle Kunden verstehen zunächst gar nicht, warum sie Möbel mieten sollten. In den Anfangsjahren war das oft ein Hindernis, denn unser Geschäftsmodell stieß auf Unverständnis.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Chemiekonzern aus Ludwigshafen, der internationale Mitarbeiter beschäftigte. Einige Neuzugänge aus Indien hatten Schwierigkeiten, möblierte Wohnungen zu finden. Statt Büroeinrichtungen zu vermieten, lieferten wir kurzerhand Möbel für deren Wohnungen. Dieser Kunde gehört bis heute zu unseren wichtigsten Partnern.

Danke für das Gespräch!