„Jeder Mensch ist einzigartig und sollte seinen eigenen Weg gehen“
Torben Platzer, einer der erfolgreichsten und bekanntesten Branding-Experten Deutschlands hat sein Buch “Living A Selfmade Life” veröffentlicht. Im Interview liefert Torben Platzer einige wertvolle Einblicke über sich selbst und den Schreibprozess.
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„Living A Selfmade Life“ ist Dein erstes Buch. Wie bist Du auf die Idee gekommen, ein Buch zu veröffentlichen? Warum genau jetzt?
Das ist mein erstes veröffentlichtes Buch, ja. Ich habe aber vor einigen Jahren schon einmal ein Buch geschrieben, damals noch mit einem Ghostwriter. Den Wunsch, ein Buch zu schreiben, habe ich tatsächlich schon ganz lange. Dass ich selbst gerne schreibe, habe ich schon mit 16 bemerkt und auch deswegen Germanistik studiert.
Damals habe ich öfter kleinere Texte für Kurzgeschichtenbände geschrieben. Als ich angefangen habe, im Vertrieb zu arbeiten, reifte in mir der Wunsch, ein komplettes Buch selbst zu veröffentlichen. Ich habe mir das aber nicht alleine zugetraut und holte mir Unterstützung von einem Ghostwriter. Die Arbeit an dem Buch sah dann so aus, dass ich einige Stellen selbst schrieb und einige Interviews mit dem Ghostwriter machte, der den Rest des Buchs für mich schreiben sollte.
Als das Buch dann fertig war, und ich es selbst durchgelesen hatte, merkte ich erst, dass das einfach nicht ich bin. Ich habe dann in letzter Minute entschieden, das Buch nicht zu veröffentlichen und habe dafür auch eine saftige Vertragsstrafe von meinem damaligen Verlag kassiert. Seitdem weiß ich, wenn ich jemals ein Buch veröffentliche, dass jede Zeile von mir selbst geschrieben sein wird. Und dann habe ich einfach angefangen, über mein Leben zu schreiben. Natürlich gab es viele Dinge, über die ich schreiben wollte, aber mein eigenes Leben ist der Knoten, an dem das alles zusammenläuft und erst zu einer authentischen Geschichte wird.
Also war eine Autobiographie für mich am naheliegendsten.
Wie hat sich der Schreibprozess von „Living a Selfmade Life“ im Vergleich zum ersten Versuch angefühlt?
Bei meinem ersten Versuch habe ich gar nichts gefühlt, denn das war einfach nicht ich. Ich war nicht glücklich und ich war mir sicher, dass die Leser das auch merken.
„Living a Selfmade Life“ habe ich von Anfang bis Ende selbst geschrieben, bei mir zu Hause in München. Beim eigentlichen Schreiben bin ich so vorgegangen, wie ich es für meine Videos auch mache: Ich habe mich abends an den Tisch gesetzt und einfach angefangen, das aufzuschreiben, was mir gerade einfiel. Ich hatte dafür keinen Plan mit einer übergeordneten Struktur, ich war einfach im Flow. Denn dieses Mal wollte ich den Schreibprozess so natürlich wie möglich gestalten. Und genauso liest sich auch der Anfang von „Living a Selfmade Life“.
Was waren für Dich die schwierigsten Momente beim Schreiben?
Am schwierigsten waren für mich Anfang und Ende des Buchs. Am Anfang machte ich mir einfach viel zu viele Gedanken, was eigentlich auf der ersten Seite stehen sollte. Schließlich sind das die ersten Worte, die der Leser zu sehen bekommt. Ich hatte dann ungefähr 20 verschiedene Ideen, wie ich mit dem Buch starte. Ich habe aber dann keine davon umgesetzt, sondern mich für Folgendes entschieden: Ich bin ehrlich geblieben und habe zu Beginn erklärt, dass ich keine Ahnung habe, wie man einen Buchanfang schreibt. Ab dann lief der Schreibprozess absolut flüssig.
Zum Ende hin ist es wieder schwieriger geworden, weil ich mir überlegen musste, wie das Buch zu Ende geht. Schließlich bin ich noch keine 89 Jahre und eine zu lange Autobiographie hätte da übertrieben gewirkt. Am Ende habe ich mich dann entschlossen, beim Thema Branding einen Schlussstrich zu ziehen, auch, um vielleicht in der Zukunft dort wieder anzuknüpfen.
„Living A Selfmade Life“ ist Deine bisher erste Buchveröffentlichung. Welche neuen Erfahrungen hast Du dabei gemacht?
Wie Du schon richtig erkannt hast, arbeite ich normalerweise viel mit Social Media. Instagram, YouTube, TikTok & Co. Der Content, den ich auf diesen Kanälen produziere, ist meistens über aktuelle Geschehnisse. Bei „Living a Selfmade Life“ musste ich zum ersten Mal ganz tief in die Vergangenheit zurückgehen, meine eigene Vergangenheit. Dabei habe ich auch eine Menge über mich selbst gelernt und mit einem anderen Blickwinkel auf mein Leben geschaut. Die Zeit im Buch geht zurück in die Zeit, in der ich sechs Jahre alt war. Beim Durchgehen all dieser Erinnerungen habe ich viele Ereignisse neu und rückblickend auch anders bewertet.
So kam es, dass ich bei einer Handvoll Stellen im Buch innehalten musste und mir die Frage stellte: „Was habe ich da eigentlich erlebt? Wie hat mich dieses Ereignis für mein weiteres Leben geprägt?“
Hast Du eine persönliche „Lieblingsstelle“ in „Living A Selfmade Life“?
Meine persönliche Lieblingsstelle im Buch ist, wie ich zur Farbe Rot kam. Ich will nur so viel verraten und sagen, dass es dabei um Sex geht. Tatsächlich habe ich zu dieser Stelle auch bisher das meiste Feedback kommen. Sie kam gut an, einige fanden es lustig, aber andere waren auch etwas verwundert oder sogar schockiert, diese Seite von mir zu sehen.
Gibt es Autoren, von denen Du Dich in Deinem Schreibstil beeinflussen hast lassen?
Ich selbst habe erst relativ spät angefangen, Bücher zu lesen. Ich habe zwar Germanistik studiert, aber ich bin sicher nicht der Einzige, der während des Studiums nur seine Pflichtlektüren gelesen hat. Dann war ich noch mit den klassischen „Erfolgsbüchern“ konfrontiert, die erklären wollen, wie man in X Schritten zu Reichtum und dergleichen kommt. Von diesen Büchern war ich nie ein großer Fan, denn ich glaube nicht daran, dass es einen Blueprint zum Erfolg gibt. Jeder Mensch ist einzigartig und muss auch seinen eigenen Weg gehen. Natürlich ist es gut, einen Mentor oder ein Vorbild zu haben, aber man sollte und wird nie zu 100 Prozent den Weg eines Vorbilds kopieren.
So habe ich für mich selbst die Autobiographie zu schätzen gelernt, denn dort werden die Inhalte am authentischsten übermittelt, wie ich finde. Einer meiner absoluten Favoritentitel ist die Biografie von Michael Jordan. Dieser Mann ist einen anderen Weg als ich gegangen, doch ich habe von seiner Autobiografie gelernt, wie ein erfolgreicher Mensch mit bestimmten Situationen und Problemen umgeht. Ich habe mir beim Inhalt immer das rausgenommen, was gut zu meinem Leben passt. Deshalb war es mir wichtig, mit „Living a Selfmade Life“ ein Buch zu schreiben, das den Leuten nicht vorgibt, wie sie etwas zu tun haben, sondern auf möglichst authentische Art und Weise zeigt, wie ein möglicher Weg aussehen kann.
Für mich gibt es zwei Arten von Büchern: Solche, die das Ganze durch so etwas wie eine rosarote Brille sehen und Dir erzählen, dass Du nur diese zehn Dinge tun musst, um dieses und jenes zu bekommen. Daran glaube ich nicht, denn dafür gibt es zu viele verschiedene Faktoren im Leben eines Menschen. Auf der anderen Seite gibt es Bücher, die Schwarzmalerei betreiben und dem Leser oder der Leserin weismachen wollen, dass nur ein winziger Bruchteil es wirklich schaffen kann. Auch davon bin ich nicht überzeugt. Das alles sind für mich Gründe, meine Geschichte so zu erzählen, wie sie wirklich abgelaufen ist. Die Leser sollen nicht nur meine Erfolge sehen, sondern auch meine Fehler und was ich daraus gelernt habe. Die Leser meines Buches sollen meine emotionale Achterbahn genauso spüren, wie ich sie selbst erlebt habe.
Danke für das Gespräch!