Baufinanzierung ohne Eigenkapital: Geht das?
Der Traum vieler Menschen ist es, in den eigenen vier Wände zu leben. Die Wenigsten haben so viel Geld angespart, dass sie die Immobilien direkt bezahlen können und benötigen ein Darlehen. Ohne größere Rücklagen scheint eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital interessant. Doch diese Art des Hauskredits ist nicht einfach zu bekommen und an Voraussetzungen geknüpft.
Grundlagenwissen: Warum ist es so schwierig eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu erhalten?
Für die Bank ist jegliches Darlehen, was sie dem Kreditnehmer ohne Rücklagen gibt mit einem erhöhten Ausfallrisiko verbunden. Das mögen Banken nicht, weil sie im Extremfall auf ihren Forderungen sitzen bleiben. Möchtest Du eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital erhalten, musst Du der Bank in irgendeiner Weise entgegenkommen. Sie verlangen in der Regel, dass Du zumindest die Baunebenkosten übernimmst. Dazu zählen Kosten für den Notar, den Eintrag ins Grundbuch und das Begleichen der Grunderwerbssteuer.
Diese finanziellen Mittel, die zum Kaufpreis hinzukommen, machen in der Regel 10 Prozent des Kaufpreises aus. Kannst oder willst Du das nicht aus eigener Tasche bezahlen, dann spricht man von einer 110 Prozent oder auch Vollfinanzierung. Die 10 Prozent Nebenkosten sind in so einem Fall für die Bank im Zweifelsfall verlorenes Geld, weil dahinter materieller Wert steckt, den sie bei Zahlungsausfall nicht einfordern könnten. Auch im Falle einer Zwangsversteigerung würde diese Forderung erst nach Zahlung des Kaufpreises fällig.
Daher wirst Du in den seltensten Fällen eine Bank finden, die Dir eine Vollfinanzierung gewährt – sondern nur eine sogenannte 100 Prozent Finanzierung, in der die Nebenkosten ausgenommen sind.
Baufinanzierung ohne Eigenkapital: Was ist das?
Du musst bei einem Haus- oder Wohnungsdarlehen ohne Eigenkapital zwischen zwei Arten unterscheiden:
- 100 Prozent Finanzierung
- 110 Prozent Finanzierung oder Vollfinanzierung
Bei einer sogenannten 100 Prozent Finanzierung nimmst Du bei der Bank einen Kredit über den Kaufpreis der Immobilie auf. Nicht enthalten sind dabei die Nebenkosten. Das ist der Betrag, der zusätzlich zum eigentlichen Immobilienpreis noch hinzukommt.
Zu den Baunebenkosten zählen unter anderen:
Notarkosten
Maklerprovision (ca. 3,5 % des Kaufpreises)
Grunderwerbssteuer (3,5 bis 6,5 % – abhängig vom Bundesland)
Kosten für den Grundbucheintrag
diverse Zusatzkosten (Erschließung des Grundstücks, Anschlüsse (Strom, Wasser), Genehmigungen etc.)
Renovierungs- und Umbaukosten
Wenn etwa 10 Prozent des Kaufpreises herangezogen werden, dann sind in der Regel Notarkosten, Maklerprovision und Grunderwerbssteuer gemeint. Kommen die restlichen Posten noch dazu können bis zu 20 Prozent daraus werden. Das führt dazu, dass aus einer Vollfinanzierung auch eine 120 Prozent Finanzierung werden kann.
Wo bekommst Du ein Darlehen?
Falls Du mit dem Gedanken spielst, einen Baukredit ohne eigenes Kapital abzuschließen, gibt es eine Vielzahl an möglichen Kreditinstituten. In unserem Baufinanzierungs-Vergleich erhältst Du einen Überblick über Banken, die hierfür infrage kommen.
Es gibt sogar Kreditinstitute, die sich darauf spezialisiert haben und ganze Finanzierungsprogramme für Haus- oder Immobilienkredite bereithalten.
Folgende Ansprechpartner hast Du für Dein Vorhaben:
Um herauszufinden, mit welchen monatlichen Belastungen Du bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital rechnen musst, kannst Du auch unseren Baufinanzierungsrechner verwenden. Dabei erhältst Du auch gleich eine gute Übersicht über die möglichen Kreditgeber und ihre Konditionen.
Zusätzlich hast Du folgende Alternativen zur klassischen Baufinanzierung:
Staatliche Förderprogramme: Meist in weniger prominenten Regionen bieten einzelne Bundesländer Finanzierungsmöglichkeiten an. Sie beinhalten zinsgünstige Darlehen oder auch diverse Zuschüsse. Das variiert von Bundesland zu Bundesland.
Kreditgenossenschaften/Privatinvestoren: Investitionen aus dem privaten Sektor können auch helfen aber sind mit Vorsicht zu genießen. Du musst dringend darauf achten, dass es sich um seriöse Personen oder Gesellschaften handelt.
Crowdfunding: Familie, Bekannte oder auch ein anderer Personenkreis tun sich zusammen und finanzieren Deine Immobilie. Du musst dafür Dein „Projekt“ überzeugend präsentieren, so dass die Gemeinschaft auch Willens ist, es zu finanzieren.
Mietkauf: Eine eher seltene Variante, vor allem in Metropolregionen, ist der Mietkauf. Du zahlst Deine Miete und mit einem vorher definierten Teil. Davon tilgst Du einen Teil der späteren Kaufsumme.
Baufinanzierung ohne Eigenkapital: So finanzierst Du Deine Wunschimmobilie richtig
Egal für welchen Hauskredit Du Dich entscheidest (100 Prozent Finanzierung oder Vollfinanzierung), Du solltest vor dem Gespräch mit der Bank einige Dinge beachten. Je genauer Du vorbereitet bist, desto besser. Denn gerade die Vollfinanzierung, in der Du kein eigenes Kapital mit einbringst, ist eine heikle Angelegenheit und setzt insbesondere eine außergewöhnlich gute Bonität voraus, damit Du überhaupt eine Chance hast.
Folgende Punkte solltest Du im Vorfeld checken:
Die Grundvoraussetzung für die Gewährung eine Hauskredits ohne eigenes Kapital ist immer ein sicheres und vor allem hohes Einkommen. Solltest Du das nicht gewährleisten können, bleibt Dir entweder die Möglichkeit über einen Bausparvertrag Eigenkapital anzusparen und es dann ein paar Jahre später zu versuchen, oder Du kannst das notwendige Eigenkapital auf andere Arten beschaffen.
Zum Eigenkapital zählen unter anderen:
Guthaben auf Spar-/Tagesgeld oder Festgeldkonten
Aktien, die über einen längeren Zeitraum festverzinst waren wie Anleihen
Investmentfonds
Private Rentenverträge (Riesterrente)
Geldwerte in Form von Münzen, Kunstgegenstände oder Edelmetalle wie Gold
Guthaben aus zusätzlicher Altersvorsorge beim Arbeitgeber (Vermögenswirksame Leistungen)
Auszahlung einer Lebensversicherung
Ein bereits zuteilungsfähiger Bausparvertrag
Verkauf von Grundstücken
Derartige Verkäufe sollten aber gut überlegt sein, denn ein Immobilienkauf auf „Biegen und Brechen“ ist definitiv keine gute Wahl und führt meist zu finanziellen Schieflagen.
Zinsen bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital: Das musst Du beachten
Neben dem eigentlichen Darlehensbetrag bei einem Hauskredit spielen die Zinssätze der Banken eine entscheidende Rolle. Der jeweilige Zinssatz für die Finanzierung richtet sich erheblich nach der Höhe des Darlehens und möglichen Eigenleistungen. Die meisten Banken verlangen, dass Du zumindest die Nebenkosten selbst übernimmst. Kannst Du zusätzlich dazu noch ein paar Prozent des Kaufpreises tragen, senkt das die finanzielle Belastung durch die Zinsen deutlich. Das ist allerdings bei einer 100 Prozent Finanzierung genauso wenig der Fall wie bei einer Vollfinanzierung. Trotzdem können bei beiden Modellen die Zinssätze und damit die monatliche Belastung erheblich auseinander liegen.
Ein wichtiger Faktor ist die aktuelle Zinsentwicklung. Herrscht ein niedriges Zinsniveau und Du schließt eine Baufinanzierung mit einer festen Erstlaufzeit von 10 Jahren ab, dann profitierst Du sehr davon. Nach dieser Erstlaufzeit geht es aber darum, eine Anschlussfinanzierung durchzuführen. Sind zu diesem Zeitpunkt die Zinsen deutlich gestiegen, bezahlst Du erheblich mehr für Deine Immobilie als Du vorher geplant hast.
Aus diesem Grund solltest Du für den Start Deines Immobilienkaufs den richtigen Zeitpunkt wählen. Es ergibt keinen Sinn, eine ohnehin hochpreisige Immobilie mit hohen Bauzinsen zu finanzieren und darauf zu spekulieren, dass zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung die Zinsen niedriger sind. Damit gehst Du ein hohes Risiko ein.
Im folgenden Beispiel stellen wir 100 Prozent- und Vollfinanzierung bei einem Hauskauf für 500.000 Euro gegenüber:
100 Prozent Finanzierung | Vollfinanzierung (inkl. Nebenkosten) | |
Eigenkapital | 50.000 € | 0 € |
Darlehensbetrag | 450.000 € | 500.000 € |
Effektiver Jahreszins | 3,98 % | 5,54 % |
Nebenkosten | 45.350 € | 45.350 € |
Monatliche Rate | 2836 € | 2.831 € |
Restschuld nach 10 Jahren (Anfangsfinanzierung) | 314.752,47 € | 448.129,99 € |
Gesamtlaufzeit | 21 Jahre | 37 Jahre |
Anhand dieses Beispiels kannst Du sehen, welchen großen Einfluss Eigenkapital beim Zins und der eigentlichen Laufzeit hat. Durch das Eigenkapital deckst Du die Nebenkosten bei der 100 Prozent Finanzierung ab, und kannst sogar noch einen Teil in die Tilgung (nutze dazu unseren Tilgungsrechner) des Kaufpreises investieren. Das führt dazu, dass Du bei annähernd gleicher monatlicher Rate nicht nur 15 Jahre schneller Dein Haus abbezahlt hast. Du hast auch eine deutlich niedrigere Zinslast (1,56 % weniger) und hast nach 10 Jahren im Vergleich zur Vollfinanzierung 133.377,52 Euro weniger zu zahlen.
Allerdings ist zu beachten, dass nach der festverzinsten Laufzeit eine Anschlussfinanzierung fällig ist. Hier lohnt es sich, die Zinslage neu zu beurteilen und mittels unserem Baufinanzierungs-Vergleich den Markt neu zu sondieren. Denn sind die Zinsen in der Zwischenzeit gefallen, kannst Du deutlich bessere Konditionen für den Rest der Darlehenssumme herausholen. So kann es beispielsweise sein, dass Du bei gleicher monatlicher Rate aber 1,5 Prozent niedrigeren Zinssatz noch einmal einige 10.000 Euro sparen kannst. Und solltest Du in der Zwischenzeit durch ein Erbe oder einen zuteilungsfähigen Bausparvertrag mit Eigenkapital unterstützen können, dann ist der Weg zur Wunschimmobilie doch nicht mehr so weit wie geglaubt.
Vorteile und Risiken einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Wie bereits erwähnt, ist die Finanzierung einer Wohnimmobilie ohne eigenes Kapital eine heikle Angelegenheit. Es gibt zahlreiche Risiken, die es dringend zu berücksichtigen gilt. Allerdings kann ein niedriges Zinsniveau auch Vorteile bringen.
Vorteile
Der Wunsch nach Wohneigentum ist auch ohne Eigenkapital realisierbar.
Bei niedrigem Zinsniveau kannst Du gegenüber einer Finanzierung mit Eigenkapital sparen.
Sind die Zinsen weiter niedrig und die Immobilienpreise steigen, wird es zur lukrativen Geldanlage.
Nachteile
Kreditinstitute berechnen höhere Zinsen bei Vollfinanzierung, wodurch der Netto-Darlehensbetrag höher ist.
Das Risiko des Arbeitsplatzverlusts wiegt schwer und wird von Kreditnehmer und Bank gleichermaßen getragen.
Nach der Zinsbindung der Anfangsfinanzierung können die Zinsen gestiegen sein, was zu höherer Belastung führt.
Überdurchschnittliche Bonität ist notwendig, denn Kreditraten und Lebensunterhalt müssen finanziert werden.
Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital (Vollfinanzierung) hat zwar einige Vorteile, bietet aber auch erhebliche Risiken. Diese gilt es im Vorfeld gut abzuwägen und dann ins ausführliche Gespräch mit der oder den Banken zu gehen.
Nicht zu unterschätzen ist zudem die hohe psychische Belastung. Du hast einen großen Schuldenberg über viele Jahre und musst dafür sorgen, dass die Raten regelmäßig und pünktlich gezahlt werden. Sollte es Dir nicht mehr möglich sein, droht gerade bei einer Vollfinanzierung schnell die Zwangsversteigerung oder gar die Privatinsolvenz.
Fazit
Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital ist grundsätzlich möglich – auch als Vollfinanzierung. Banken tun sich aber gerade bei Letztgenannten sehr schwer, weil sie ein hohes Risiko tragen. Du solltest im Vorfeld nicht nur mit dem Baufinanzierungsrechner und Baufinanzierungs-Vergleich Deine Konditionen prüfen, sondern auch einschätzen, ob Du Dir das über die gesamte Laufzeit leisten kannst. Wenn Du ein sicheres, hohes Einkommen hast, dann kannst Du davon auch profitieren. Wenn Deine finanzielle Lage aber auf „Kante genäht“ ist, dann ist davon dringend abzuraten.
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